AfD-Gutachten: Bezüge auch zu Hessen und Rheinland-Pfalz
Der Internetseite „Netzpolitik.org“ hat das bislang geheime AfD-Gutachten des Bundesverfassungsschutzes veröffentlicht. Auf 442 Seiten finden sich auch Bezüge zu Hessen und Rheinland-Pfalz.
Von Markus Lachmann
Reporter Politikredaktion Mainz
Auch der rheinland-pfälzische AfD-Landeschef Uwe Junge taucht an zwei Stellen im Gutachten des Bundesverfassungsschutzes auf.
(Foto: Harald Kaster)
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WIESBADEN/MAINZ - Der Internetseite „Netzpolitik.org“ ist ein Coup gelungen: Am Montag stellte sie das komplette, bislang unter Verschluss gehaltene AfD-Gutachten des Bundesverfassungsschutzes ins Internet. Auf 442 Seiten sind zahlreiche Äußerungen von AfD-Politikern auch aus Rheinland-Pfalz und Hessen zusammengetragen. Allerdings spielt die Musik deutlich im Osten, beim Netzwerk um Rechtsaußen Björn Höcke sowie der Parteijugend „Junge Alternative“ (JA), die vom Mainzer Damian Lohr angeführt wird. Wie berichtet, wurde die AfD bundesweit zum „Prüffall“ erklärt. Die JA und das Höcke-Netzwerk gelten als „Verdachtsfall“. Das heißt, es liegen „hinreichende gewichtige Anhaltspunkte“ dafür vor, dass „verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt werden“.
Der rheinland-pfälzische AfD-Landeschef Uwe Junge taucht an zwei Stellen im Gutachten auf. So habe er im April 2018 auf Twitter Flüchtlinge als „kriminellen Dreck“ bezeichnet. Auch habe Junge es im März 2018 als bedeutungslos dargestellt, dass Damian Lohr, der im Mainzer Landtag sitzt, bei einer Demo im pfälzischen Kandel „unmittelbar vor dem Block der Identitären Bewegung“ (IB) gelaufen sei. Die IB wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Der rheinland-pfälzische Landtagsabgeordnete Jens Ahnemüller – gegen ihn läuft ein Parteiausschlussverfahren – habe auf sozialen Netzwerken Beiträge der fremdenfeindlichen Kampagne „120 Dezibel“ geteilt. Diese sei der IB zuzurechnen. Ahnemüller habe auch Kontakt zum früheren NPD-Funktionär Sascha Wagner. Der stellvertretende JA-Landesvorsitzende in Rheinland-Pfalz, Justin Salka, habe am 10. September 2018 an einem Infostand beim „Aktivistenwochenende“ der IB in Rostock teilgenommen.
Gute Drähte haben AfD-Politiker auch zu rechten Publizisten. So habe der Mainzer AfD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier der rechtsextremistischen Zeitschrift „Zuerst!“ ein Interview gegeben, der AfD-Fraktionsvize im Mainzer Landtag, Joachim Paul, einen Beitrag für das neurechte Magazin „Compact“ geschrieben.
In Hessen widmet der Verfassungsschutz lange Passagen der Jungen Alternative und ihrem Vorsitzenden Jan Nolte, der gleichzeitig Bundestagsabgeordneter ist. Nolte habe sich in Zusammenhang mit Migration mehrfach geäußert, die einheimische Bevölkerung solle „ausgetauscht“ werden. Das ist laut Verfassungsschutz ein „ethnisch-homogener Volksbegriff“, der mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes nicht vereinbar sei. Diverse Verbindungslinien hessischer AfD-Politiker zu IB und NPD werden gezeichnet. Ausführlich geht der Verfassungsschutz auf den AfD-Fraktionsvorsitzenden in Heusenstamm, Carsten Härle, ein. Dieser argumentiere „in besonders drastischer Weise“ rechtsextremistisch, spreche etwa vom „Genozid gegen Deutsche“ in Zusammenhang mit Migration. Härle greife „rechtsextremistische Verschwörungsmythen auf“. Gegen den Hessen läuft ein Parteiausschlussverfahren. Der Sprecher des hessischen AfD-Landesvorstands erklärte vor wenigen Tagen, Härles Äußerungen „ekelten“ ihn an.
Der Verfassungsschutz hatte Äußerungen von 80 AfD-Funktionären auf Facebook und Twitter sowie Reden auf Veranstaltungen ausgewertet. Parteiprogrammatik und Aussagen von Landes-, Kreis- und Ortsverbänden wurden beleuchtet.