Eins der beliebtesten Feste

50er Jahre: Der Saal Gabel ist vorbereitet. Foto: Archiv Kauck/Welzbacher Foto: Archiv Kauck/Welzbacher
WÄCHTERSBACH - (an). Am heutigen Samstag startet der Wächtersbacher Carneval-Verein WCV mit seiner „rosa Sitzung“ voll durch. 1961 wurde dieser Verein gegründet. Fasching jedoch wurde in Wächtersbach und den heute dazu gehörenden Stadtteilen auch schon vorher gefeiert, wenn auch nicht mit vier- bis fünfstündigen Fremdensitzungen. So gab es Kappenabende, Kostümbälle. Lumpenbälle und Maskenbälle. Gudrun und Reinhard Kauck aus Hesseldorf zeigen dies am Beispiel der Veranstaltungen im Saal Gabel (heute „Hesseldorfer Stuben“) ihres Heimatortes auf.
Demnach war bei den jährlich wiederkehrenden Festen Fasching bestimmt eines der beliebtesten. An den tollen Tagen vor Beginn der Fastenzeit konnte man nicht nur den Winter verabschieden, sondern auch ausgelassen feiern. Auf den alten Fotos sieht man, dass meist große Gruppen zusammen feierten. Diese Feiern fanden in den Gastwirtschaften und Sälen statt. Die Faschingszeit beschränkte sich auf das Wochenende vor Aschermittwoch. Der Faschingssamstag war der Haupttag für die Maskenbälle, zu denen viele Personen so maskiert oder kostümiert erschienen, dass man sie nicht erkennen konnte. Die Masken waren meist einfache Stofflarven mit und ohne Mundtuch oder Gesichtsmasken aus Gummimaterial. Bei einem Maskenball findet um Mitternacht die Demaskierung statt. Dann werden die Masken auf einem Podest vom Tanzpartner entfernt. Das Paar, das zusammen auf das Podest tritt, muss sich küssen und wird von den Umstehenden beklatscht. Faschingssonntag gab es dann Kinderfaschingsfeiern oder Kappenabende, bei denen alle lustige Hüte tragen. Am Rosenmontag wurde dann wieder der Saal für eine große Faschingsfeier geöffnet – meist ein Kostümball, bei dem Kostümierung erwünscht ist. Faschingsdienstag fand dann zum Ausklang eventuell noch ein Lumpenball statt, bei dem die Teilnehmer statt in schönen Kostümen in Lumpen oder Fetzenkostümen erscheinen. Außerdem gehörten zum Fasching auch noch die Kräppel, die jedoch nur am Faschingssamstag oder -sonntag in heißem Fett ausgebacken wurden.
Fantasie gefragt
Heutzutage kaufen sich die meisten Leute ihre Faschingskostüme in Geschäften und Kaufhäusern. Früher hatte man jedoch für Verkleidungen nicht viel Geld zur Verfügung. So war die Fantasie gefragt, wie man mit wenig Mitteln viel erreichen konnte. Die Kostüme beschränkten sich oft auf Kleidertausch – Männer trugen Frauenkleider – oder Selbstgenähtes aus preiswerten Stoffen. Auf den historischen Fotos sieht man, dass viele „Masken“, das heißt nicht nur verkleidete, sondern auch mit einer Gesichtsmaske ausgestattete Menschen unterwegs waren. Und nicht nur die Frauen kamen maskiert. Auch oder gerade die Männer verkleideten sich sehr fantasievoll. Als Brustersatz dienten dann auch mal zwei Pressköpfe unter der Bluse.
„Der Brauch der Demaskierung gerät heute immer mehr in Vergessenheit“, schildert das Ehepaar Kauck. „In den vergangenen Jahren war aber gerade das der Höhepunkt des Maskenballs. Man maskierte sich, um nicht erkannt zu werden – möglichst auch nicht vom eigenen Partner. Masken kamen recht spät in den Saal, hielten sich zuerst möglichst verdeckt und forderten Tanzpartner auf, die sie nicht so gut kannten, um nicht vorzeitig entdeckt zu werden. Pünktlich um Mitternacht war dann Demaskierung. In die Mitte des Saales wurde ein Podest gestellt, auf das man paarweise zutanzte, auf das Podest kletterte und dort vom Partner demaskiert wurde. Da war die Überraschung schon mal groß, wenn es nicht die erwartete Person war, die da unter einer Maske steckte. Meist achtete man aber darauf, den Partner rechtzeitig aufzufordern, um einem Familienstreit aus dem Wege zu gehen. Wenn man mit der falschen Maske zur Demaskierung tanzte, war Streit vorprogrammiert – das war früher nicht anders als heute. Nach der Demaskierung wurde dann noch lange fröhlich weitergefeiert.“